Vor kurzem haben wir euch ja erzählt, dass wir uns dazu entschieden haben ein wenig länger in Perth bzw. in Fremantle zu bleiben. Dafür gibt es 3 Gründe.
Zum einen müssen wir erst im August in Darwin sein, bei unserer bisherigen Reisegeschwindigkeit wären wir dort sehr viel früher angekommen. Zweitens gefällt es uns hier sehr gut, denn Freo und Perth haben einiges zu bieten. Der dritte und wahrscheinlich der Hauptgrund ist, dass ich in Perth einen Job gefunden habe. Aber wie ist das eigentlich wo anders zu leben und zu arbeiten? Dazu mehr im folgenden Beitrag.
ARBEIT FINDEN
Als wir in Fremantle ankamen haben Carina und ich lange überlegt, ob ich es hier einmal mit der Arbeit versuchen soll und haben uns dann dazu entschieden, dem Ganzen einfach einmal offen gegenüber zu stehen. Schon bevor wir unsere Reise angetreten haben hatte ich den Wunsch für ein paar Wochen in einer Agentur oder in einem Design Studio ein wenig zu arbeiten, um einfach auch einmal andere Wege kennenzulernen und Erfahrung zu sammeln, um diese dann für mein weiteres Arbeitsleben mitnehmen zu können. Denn natürlich macht sich das nicht nur gut im Lebenslauf, es hilft einem auch dabei die eigene Art und Weise zu arbeiten zu überdenken und das gewohnte Arbeitsumfeld einmal zu reflektieren. Eine großartige Erfahrung, die ich auf jeden Fall machen wollte.
Wir wussten, dass es nicht einfach wird einen Job zu finden. Auch hierfür gibt es eine ganze Reihe an Gründen. Bei einer Arbeitslosenrate von über 6% in Western Australia malte ich mir natürlich keine besonders großen Chancen aus. Denn wenn jemand wirklich einen qualifizierten Angestellten sucht, dann gingen wir davon aus, dass erst einmal den Australiern der Vorrang gewährt wird. Außerdem ist hier gerade Winter und im Winter ist die konjunkturelle Lage ein wenig angespannter als im Sommer. Vor allem weniger Touristen als im Sommer wirken sich merklich auf den Umsatz – zumindest einiger – Unternehmen und damit natürlich auch deren Bedarf an Arbeitskräften aus. Ein Working Holiday Visa ist auch nicht unbedingt beliebt, vor allem wenn es um die besser qualifizierten Jobs geht. Betrachten wir die ganze Sache einmal ganz realistisch: Wer wirklich glaubt direkt nach der Schule, oder ohne großartige Qualifikation nach Australien zu kommen und einen tollen Job zu bekommen, mit dessen Bezahlung man hier problemlos leben kann, der irrt sich entweder gewaltig, oder hat mehr Glück als Verstand. An der Ostküste kann man wohl in der Gastronomie noch einen Job finden oder man verdient als Fruitpicker um die 8$ pro Stunde. Um einen Job in Westaustralien zu finden, wo die Lebenshaltungskosten und die Arbeitslosigkeit sehr hoch sind, brauchte ich, neben der vorhandenen Qualifikation also eines – Glück!
Doch, wenn man es nicht versucht, dann findet man auf jeden Fall keinen Job. Also fing ich an Bewerbungen und Lebensläufe per E-Mail an so ziemlich jede Agentur in Perth zu senden. Auf meine erste Anfrage habe ich von keinem Einzigen eine Antwort bekommen und das bei knappen 40 Bewerbungen. Aber, das sollte mich nicht davon abhalten dran zu bleiben. Denn wie alles andere werden auch Bewerbungen in Australien wohl nicht so ernst genommen. Es folgte also eine Anrufodyssee bei allen potentiellen Arbeitgebern, an ich eine Bewerbung gesendet habe. In dem Telefonat fragte ich nach, ob meine Bewerbung denn eingegangen ist. Bei den meisten ist diese zwar angekommen, aber es bestand kein Bedarf. Eine Absage wird wohl leider oft als überflüssig erachtet. Aber eine Antwort klang dann doch vielversprechend.
Mir wurde gesagt, dass bei dem entsprechenden Unternehmen ein Mitarbeiter die Firma verlässt und diese einen Ersatz für den Zeitraum braucht, bis eine neue Vollzeitkraft gefunden ist. Das war also meine Chance mich im Vorstellungsgespräch zu beweisen. Das bedeutete aber zuerst einmal ein bussinesstaugliches Outfit aufzutreiben, sowie einen Friseur aufzusuchen. Da die Klamottenauswahl in meinem Backpack eher „casual“ ausfiel und ich seit Januar nicht mehr beim Friseur war, brauchte sowohl meine Garderobe als auch mein Kopf ein vernünftiges Makeover. Nachdem das geschafft war und ich einigermaßen akzeptabel aussah ging ich, ziemlich unvorbereitet, aber mit dem Wissen, dass die Firma dringend einen Ersatz braucht in das Vorstellungsgespräch. Wenn ich mich hier nicht komplett doof anstelle, dann sollte das klappen dachte ich mir. Da ich nicht unbedingt auf den Job angewiesen war ging ich also relativ entspannt in das Interview. Hier wurden meine Fähigkeiten in einer kurzen Konversation mit dem Chef und zwei Entwicklern auf Tauglichkeit überprüft. Am Ende waren sich alle einig und ich hatte den Job so gut wie sicher. Dass ich allerdings schon am nächsten Tag anfangen kann hätte ich vorher niemals für möglich gehalten. Wie bereits erwähnt: Manchmal gehört eben auch ein wenig Glück dazu! Bis Ende Juni hatte ich nun eine Anstellung bei PerthWeb in East Perth.
LEBEN IN PERTH
Nachdem ich angefangen hatte zu arbeiten wollten wir natürlich nicht länger auf dem Campingplatz leben. Langsam aber sicher wurde es wirklich kalt in Perth und für ein paar Wochen ein Dach über dem Kopf zu haben klang nach einer mehr als vernünftigen Alternative. Auf dem Campingplatz war das frühe aufstehen mittlerweile doch eine Herausforderung, weil man sich sofort nach dem Aufwachen im Freien befand. Während ich also in der Arbeit war hat sich Carina auf flatmates.com.au angemeldet und dort ein wenig gestöbert. Kaum angemeldet haben wir auch schon Zuschriften von Leuten erhalten die für ihr Haus einen Mitbewohner suchen. Langsam bekamen wir das Gefühl, dass das schon zu einfach war. Neben anderen Wohnungen sehen wir uns eine Wohnung mit unglaublichem Ausblick auf den Fluss und die ca. 20km entfernte Stadt in East Fremantle an. Natasha bietet uns ein Zimmer und die Nutzung des Hauses an. Das Ganze kostet uns nur unwesentlich mehr als die wöchentliche Stellplatzmiete auf dem Campingplatz. Da können wir gar nicht anders, als ein paar Tage später dort einzuziehen.
Und so fühlen wir uns tatsächlich ein bisschen, als wären wir angekommen. Wir verdienen Geld, wir haben eine Wohnung mit einer herzlichen Mitbewohnerin und einem tollen Blick auf die Stadt und wir haben – bereits auf dem Campingplatz – mit Jodie und Shaun neue Freunde gefunden. Lustigerweise ziehen die beiden am gleichen Tag wie wir in ein anderes Haus, gleich bei uns um die Ecke. Da nur Shaun und ich arbeiten, können sich die beiden Ladies ein schönes Leben machen und gehen jede Woche schwimmen, Kaffee trinken oder unternehmen andere schöne Dinge.
Dank der Schuluniformpflicht fühlte ich mich jeden Morgen im Zug wie im Hogwartsexpress. Nach nur ca. 20 Minuten in einer Bahn voller potentieller Quidditch-Champions und auf das Smartphone starrenden Anzugzombies kam ich in Claisebrook an, wo sich die Agentur befindet. Hier bestand meine Aufgabe vor allem darin bestehende Webseiten für mobile Geräte zu optimieren aber schon nach kurzer Einarbeitungsphase bekam ich auch andere Aufgaben, wie die Änderungen für Kunden an bestehenden Webseiten vorzunehmen. Aber wie das so ist, wenn die erste Euphorie verflogen ist, war die beste Zeit der Woche das Wochenende. Wir haben viel mit Jodie und Shaun in Perth und Umgebung unternommen. Carina wird euch in Kürze davon noch mehr erzählen.
Alles in allem hatten wir in Perth eine wundervolle Zeit, an die wir vermutlich für den Rest unseres Lebens wehmütig zurückdenken werden. Denn auch wenn wir uns nun am Enden unseres Aufenthaltes in Perth darauf freuen, die Reise fortzusetzen, so bleibt doch auch ein bitterer Beigeschmack. Nachdem wir hier in der kurzen Zeit viele soziale Kontakte aufgebaut haben fühlt es sich doch komisch an, das alles jetzt hier zurück zu lassen.Auch für meinen Job konnte ich einiges lernen und viel – vor allem persönliches – für meinen zukünftigen Arbeitsweg mitnehmen und hoffe diese Erfahrungen zu Hause einbringen zu können.
Und auch wenn wir nicht wissen, ob wir jemals wieder nach Perth zurückkehren, oder ob wir Jodie und Shaun wirklich nächstes Jahr auf ihrem Europatrip wiedersehen können, so sagen wir nicht GOOD BYE sondern voller Zuversicht SEE YA LATER!
Vielen Dank an alle, die diese Zeit zu einer der Besten gemacht haben! Besonderer Dank geht an Jodie & Shaun für die tolle Freundschaft, Tash für die Wohnung mit grandioser Aussicht und die gute Zeit, Matt & die PerthWeb Gang für den tollen Arbeitsplatz und Mick für die fantastische Arbeit an unserem Auto!
<3 Simon
Das ist ja ein schönes Video! 🙂